Ironman-Worldchampionship Hawaii 10.10.2009

Hawaii2009Am 1.10.2009 geht es los: der lange Flug nach Hawaii. Ich habe die Reise wieder über Hannes Hawaii-Tours gebucht. Schön,Hannes direkt in Frankfurt beim Einchecken zu treffen. An Bord auch noch eine größere Anzahl anderer Triathleten. Bei Ankunft am Keahole Airport in Kona am Abend erwarten uns noch immer 30°C und über 60% Luftfeuchtigkeit, einige wollen den klimatisierten Flieger gar nicht verlassen. Von Hannes Team werden wir gut gelaunt mit einem Lächeln und einem Lei, dem hawaiianischen Blumenkranz, begrüsst.

In den letzten Tagen vor dem Rennen herrscht Ausnahme-Zustand in dem sonst eher beschaulichen Ort Kailua-Kona. Die Einheimischen nehmen es gelassen, sie sind stolz darauf, in jedem Jahr die besten Triathleten der Welt zu Gast zu haben. Mir bleiben neun Tage, um die Zeitverschiebung von 12 Stunden zu verdauen und mich zu akklimatisieren. Morgens früh trifft man sich am Pier zum Schwimmtraining, anschließend zum Frühstück im Lava Java Cafe, dem Treffpunkt Nr. 1 der Triathlon-Szene: Sehen und Gesehen werden ist fast so wichtig wie das Frühstück selbst. Zur weiteren Vorbereitung stehen einige lockere Radausfahrten und schweißtreibende Läufe auf dem Programm. Neben den letzten Trainingseinheiten ist die Rennwoche gefüllt mit organisatorischen Dingen wie Registrierung und Wettkampfbesprechung, Nationen-Parade und Welcome-Dinner – mit rund 1800 Athleten plus Begleitpersonen – ein riesiges Fest. Es werden Videos vergangener Ironman-Rennen auf Hawaii gezeigt, der Kampf der Athleten mit den klimatischen Bedingungen.   Und Mike Reilly (the voice of Ironman) sagt dazu: ‚and you will do this on saturday!‘. Ob das schlau ist? Ein mulmiges Gefühl in der  Magengegend schleicht sich ein. In den Gesichtern der Rookies sieht man vereinzelt Panik. Wenn man Energie fühlen kann, dann ist das jetzt hier. Die knisternde Spannung kann man fast greifen.

Samstag – Raceday – endlich! Der Tag der aufregendsten und vermutlich schwersten Prüfung in unserer Sportler-Karriere. Die Wetterprognose sagt kaum Wind und trockene Hitze voraus – wir werden sehen. Um 3:30 Uhr klingelt der Wecker und ich versuche dem Magen noch ein leicht verdauliches Frühstück zuzumuten. Dann der Transfer zum Startbereich. 5000 freiwillige Helfer werden uns Athleten an diesem Tag unterstützen. Besonders beliebt ist das Body-Marking, bei dem die Helfer uns Athleten hautnah erleben und uns mit großer Sorgfalt die Startnummern auf die Oberarme stempeln. Kurz vor dem Start heben die Hubschrauber mit den Kamerateams ab und kreisen über dem Pier. Eine Szene wie in Apocalypse now – Gänsehaut-Feeling pur.  Die Spannung steigt ins Unermessliche.
Punkt 7 Uhr erfolgt der Startschuss in Form eines donnernden Kanonenschlags. Diesmal klappt der Start nicht so gut für mich. Ich habe mich ziemlich rechts am Pier aufgestellt, wo jetzt das größte Gedränge ist und gleich in mehreren Etagen geschwommen wird. Pech gehabt – da kommt man nicht mehr raus. Bis zum Wendepunkt kann ich nicht in meinem Rhythmus schwimmen, bekomme einige Schläge und Tritte ab und verliere kurz die Schwimmbrille. Der Rückweg verläuft dann etwas ruhiger. Am Schwimmausstieg herrscht reges Gedränge, nach 1:04 Stunden bin ich aus dem Wasser. Ganz kurz geht mir durch den Kopf ‚Mist, 5 Minuten über der angestrebten Zeit!‘. Aber schnell fokussiere ich wieder auf das, was noch vor mir liegt.

Der Wechsel klappt gut und ich gehe auf die Radstrecke, die zunächst mit einer kurzen Schleife durch Kona führt. Dann geht es in nördlicher Richtung Hawi über den Highway hinaus durch die fast menschenleere Lavawüste. Die Sonne brennt, es wird bereits jetzt sehr heiß. Je näher ich dem Wendepunkt in Hawi komme, umso stärker wird der Gegenwind. Man sagt, der Wind dreht meist zwischen 12 und 1 Uhr mittags. Ich bin etwa um 11 Uhr am Wendepunkt und freue mich auf den ersehnten Rückenwind. Zu früh gefreut, gerade 10 km kann ich mit hohem Tempo den Rückenwind genießen, dann legt jemand den Schalter um und der Wind dreht. Ich lerne die gefürchteten Seitenwinde kennen, die ich bisher nur aus Erzählungen kannte. Ich versuche mich auf dem Rad zu halten und hoffe darauf, dass es ab dem Einbiegen auf den Queen-K-Highway besser wird. Was sich leider nicht erfüllt. Der Wind frischt stark auf und ich komme nur noch im gefühlten Schneckentempo voran. Die Hitze und die hohe Luftfeuchtigkeit tun ihr Übriges: erste Krämpfe in den Oberschenkeln bei km 140. Ich sage mir ‚egal, Du bist ein starker Radfahrer, je härter es auf dem Rad wird, umso besser für Dich‘. Eigentlich bin ich froh nach 5:38 Stunden vom Rad zu steigen. Aber ich erinnere mich an den Spruch ‚Finishing the bike leg is a bittersweat victory. After a draining bike leg, your reward will be a very hot marathon.‘

Der zweite Wechsel verläuft gut, besonders angenehm ist das eiskalte Handtuch, welches man im Wechselzelt kurz um die Schultern gelegt bekommt. Dann geht es weiter zu Fuß durch die glühende Hitze. Ich hatte ja schon im Jahr 2007 die Erfahrung gemacht, dass die ersten 16 km entlang des Alii Drives aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit besonders hart sind. Mental darauf vorbereitet komme ich damit gut zurecht und überhole auf den ersten Metern eine Altersklassen-Konkurrentin aus Australien. Wahrscheinlich liege ich jetzt in Führung, aber wie weit vorne? Ich denke nur noch von Verpflegungsstation zu Verpflegungsstation, im Abstand von je einer Meile, um mich dort mit Wasser, Eiswürfeln, Schwämmen, Iso, Cola und PowerBar-Gels zu versorgen. Nach 10 Meilen  geht es über den steilen Anstieg der Palani Road hinaus auf den Highway, Richtung Flughafen und Energy Lab. Ab jetzt erwarte ich trockene Hitze, doch Fehlanzeige. Die Wolken, die mittags aufgezogen sind und Regen versprochen haben, haben sich einfach aufgelöst und sorgen für Luftfeuchtigkeit über 80% bei 38° C. Die Luft flirrt, außer den Helfern an den Verpflegungsstationen gibt es hier keine anfeuernden Zuschauer. Man nimmt jetzt alles viel intensiver war, z.B. den glühend heißen Asphalt unter den Schuhsohlen. Der lang ersehnte Abzweig Richtung Energy Lab bei Meile 18 will einfach nicht näher rücken. Endlich laufe ich doch runter ins Energy Lab, wo es nochmals heißer wird. Nach der Wende bergan wird es dann richtig hart: die ersten Krampfansätze in den Waden, der Magen rebelliert gegen die hochkonzentrierten Gels. Ab jetzt ist mentale Stärke gefragt, ich versuche die Aufmerksamkeit auf positive Dinge zu lenken: denke darüber nach, worauf ich mich nach dem Ironman besonders freue und an diejenigen, die sich jetzt wahrscheinlich zu Hause die Nacht um die Ohren hauen um mein Rennen zu verfolgen. Das hilft, ich finde langsam wieder meinen Rhythmus und bringe Meile um Meile hinter mich. Ich weiß, dass ich mein Ziel noch erreichen kann: eine Finisher-Zeit unter 11 Stunden. 2 Meilen vor dem Ziel kurz vor Kona, ist der  HHT-Fanstand aufgebaut, hier werden wir von Hannes Team so richtig angefeuert. Motiviert versuche ich noch mal alle Kräfte zu mobilisieren. Die Palani Road runter zu laufen wird dann leider zur Qual, weil die Blasen unter den Füßen inzwischen aufgegangen sind. Ich weiß aber, dass ich es gleich geschafft habe und freue mich auf den Zieleinlauf, den ich in vollen Zügen genieße (http://liveupdate.ironmanlive.com/ppv/wmf.php?rid=261&bib=815). Unter dem Jubel der Zuschauer biege ich in den Zielkanal, für mich der schönste und emotionalste Zieleinlauf der Welt, und werde von Mike Reilly begrüßt mit „You are an IRONMAN“. Na ja, Mike muss noch lernen, dass es IronManu heißen muss ;-)

Unter diesen extrem harten Bedingungen bin ich mit meiner Finisher-Zeit von 10:58:47 sehr zufrieden und auch mit dem Vize-Weltmeistertitel. Um nur 88 Sekunden bin ich am 1. Platz und damit der direkten Qualifikation für Hawaii 2010 knapp vorbei geschrammt. Ob ich mich darüber ärgere? Nein, denn wenn ich schon dieses Jahr Weltmeister geworden wäre, hätte ich ja keine Ziele mehr ;-) Meinen Blumenkranz, den ich im Ziel erhalten habe, habe ich jedenfalls vor Abflug wieder ins Meer geworfen, natürlich am Pier: nach hawaiianischem Glauben bringt diese Geste einen wieder genau an diesen Ort zurück.
Danken möchte ich allen, die mich auf diesem langen Weg – nach und auf Hawaii – unterstützt haben. Mahalo!

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10 Reaktionen auf “Ironman-Worldchampionship Hawaii 10.10.2009”

  1. 17. November, 2009, 13:39, Torsten Askerlund schrieb:

    Hi Manu,

    einfach Klasse u. Bewundernswert, wie Du Dir Deine sportlichen Ziele setzt und diese mit aller Kraft konsequent verfolgst!!! Kann leider am 25.11.09 nicht, da ich nicht in Düsseldorf bin, werde aber Deinen weiteren sportlichen Weg weiterhin mit verfolgen u. drücke Dir ganz feset die Daumen, dass Du weiterhin auch gesund bleibst – schließlich liegt unserer Abi-Jahrgang schon etwas zurück…..!!!
    LG Torsten

  2. 18. November, 2009, 08:39, Heike Klause schrieb:

    Hi Manu,

    super, dass wir uns auf Hawaii kennengelernt haben und ich bin stolz auf dich, dass du unsere AK so super vertritts. Deine Internetseite ist super geworden. Ich wünsche dir für die Saison 2010 viel Erfolg und vor allem Gesundheit.
    PowerOn!
    Heike

  3. 19. November, 2009, 09:14, Kathrin "aus der Schweiz" schrieb:

    Hallo Manu

    WOW, ich bin echt beeindruckt! Dein Bericht hat mir eine Gänsehaut beschert und ich konnte dir wirklich nachfühlen!
    Deine Seite ist super, hab sie bereits weiterempfohlen…
    See you soon… Capetown?!?
    Kathrin

  4. 19. November, 2009, 20:57, Christian Beimel schrieb:

    Hallo Manu
    Nochmal „Herzlichen Glückwunsch zu diesem Erfolg“ Ich ziehe den Hut.
    Deine Seite ist spitze,die muß man weiterempfehlen. Für 2010 wünsche ich dir Gesundheit und Erfolg. Mach weiter so.
    Gruß
    Christian

  5. 20. November, 2009, 16:27, Roman Dülks schrieb:

    Hi Manu, auch von mir nochmals meinen Respekt zu deiner Leistung. Die Homepage sowie dein Bericht über den Ironman auf Big Island ist echt super. Habe beim Lesen auch nochmal alles durchlebt. Bleib Gesund und schöne Adventszeit. Gruß Roman

  6. 21. November, 2009, 18:19, Jan Bartusch schrieb:

    Hey Manu :)

    Herzlichen Glückwunsch nochmals zur erreichten VizeWeltmeisterschaft :). Habe echt ein Riesenrespekt vor deiner Leistung :)
    Viel Erfolg auch für deine Sponsorensuche :).
    Aber übernehm dich nicht mit all deinen Projekten ;).
    Viel Erfolg für 2010 :)

    Liebe Grüße
    Jan

  7. 23. November, 2009, 09:02, Ironmanu schrieb:

    Hi Jan,
    danke für die lieben Wünsche!
    Liebe Grüße und bis bald mal
    Manu

  8. 23. November, 2009, 09:11, Ironmanu schrieb:

    Hi Roman,
    danke! War nett, dass wir uns in Kona getroffen haben. Wann sollen wir uns das nächste mal da verabreden ;-)
    Liebe Grüße
    Manu

  9. 23. November, 2009, 10:31, Uli Gilbert schrieb:

    Hallo Vizeweltmeisterin,

    wunder bare Seite und netter Bericht von Dir Manu. Gratulation noch mal!! Es war wirklich sehr schön, Dich/Euch auf Hawaii kennen gelernt zu haben. Wer kann schon von sich sagen mit einer Vizeweltmeisterin Rad gefahren zu sein ;-))

    Ich hoffe, es geht Dir weiter gut und Du bist fit und munter!??

    Bei mir alles bestens.

    Liebe Grüße aus Erlangen

    Uli

  10. 3. Dezember, 2009, 09:21, sven schrieb:

    Hi Manu!

    Sehr ansprechende Seite… + Glückwunsch zu Hawai Wie wär`s mit nem Besucherzähler, damit Sponsoren sehen, wie oft Deine Seite besucht wird? Oder ein Trainingstage- Wettkampfbuch -eventuell auch nur über die letzten 2 Tage (= öfterer Besuch Deiner Seite!!!) in dem man sich über Dein „Status“ informieren kann.

    Gruß

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